Wendepunkte

Bieler Fototage. Bis 29. September 2013.

 

Foto0094

 

cwb. Unter dem Motto «Wendepunkte» zeigen 50 Fotografen und Fotografinnen aus zehn verschiedenen Ländern ihre Werke an den 17. Bieler Fototagen. Von Reportagen über Landschaftsbilder, Stillleben und Porträts bis hin zu abstrakten Kunstfotografien und bewegten Bildern sind in Biel alle Gattungen vertreten: In seinem Videofilm «The Column» erzählt Adrian Paci die Geschichte einer Marmorsäule, die auf dem Weg von China nach Europa in einem Schiff auf dem Meer geschaffen wird. Die farblich und formal sehr schön gestalteten Bilder wirken mit ihren langen Einstellungen fast wie aneinandergereihte Stills, wären da nicht die Hintergrundgeräusche der Maschinen und Werkzeuge.

Ganz unterschiedliche Porträts zeigen Nelly Rodriguez und Grégoire Cheneau: Die Schweizer Fotografin führt uns mit ihrem Projekt «Isole» in eine Welt der Abgeschiedenheit, wo sie auf sinnfällige Weise Aussteiger und Einsiedler in ihren unwegsamen Lebensräumen porträtiert. Für seine Serie «Altered States» fotografierte der Pariser Künstler seine Modelle hingegen während mehreren Stunden im Studio und montierte die Aufnahmen anschliessend zu einem Gesamtbild, das die verschiedenen Facetten der abgebildeten Persönlichkeit darstellen soll: «Comme le peintre, qui introduit un certain temps pour un portrait».

Labile Zustände sind auch das Thema der Japanerin Hazuki Natuno, die sich mit ihren subtilen Momentaufnahmen («Change of Life») an der Schnittstelle zwischen Leben und Tod bewegt und dem Betrachter den Kampf gegen eine psychische Erkrankung vergegenwärtigt. Ganz anders befasst sich Renaud Auguste-Dormeuil in «The Day Before – Star System» mit dem Tod: Er rekonstruierte die Sternenkonstellationen am Tag vor einem tragischen historischen Ereignis – wie der Bombardierung von Guernica, Hiroshima oder Bagdad – und stellt sich die Frage: Können wir eine nahende Katastrophe aus Sternenbildern herauslesen? Die Auseinandersetzung mit dem Wandel einer globalisierten Welt, der Unbeständigkeit und Verunsicherung, präsentiert sich in den 27 Ausstellungen auf sehr kreative Weise und veranschaulicht eindrücklich, wie unterschiedlich sich das Medium Fotografie äussern kann.

 

Neue Zürcher Zeitung   Feuilleton   28.9.2013   Nr. 225   Seite 51

Foto: Caroline Weis, 2013