Netz-Kultur und Techno-Ästhetik

Megarave. Kunsthaus Langenthal. Bis 16. November 2014. Metarave. WallRiss Fribourg. Bis 27. September / 1. November 2014.

 

 

cwb. Mit der Rave-Kultur der 1990er Jahre, den Anfängen des World Wide Web und aktuellen Fragen zur digitalisierten Gesellschaft, setzt sich das Projekt «Megarave-Metarave» auseinander, das vom Kunsthaus Langenthal in Zusammenarbeit mit dem Kunstraum Wallriss in Fribourg organisiert wurde. In der Ausstellung «Megarave» in Langenthal sind Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt vertreten, und entsprechend vielgestaltig ist die Auswahl der Werke, die hier gezeigt werden: Für seine Lichtinstallation «Greenscapes» transformierte der in Houston geborene Adam Crusces den «Refresh Button» des frühen Netscape Navigators in eine übergrosse Neon-Replik, die den Raum mit intensivem grünem Licht durchflutet, während ausgeschnittene Raver an den Wänden entlangtanzen.

In ihrem Video «Skywriting» präsentieren die russische Künstlerin Olia Lialina und ihr Deutscher Kollege Dragan Espenschied frühe Amateur-Homepages, die sie als eine Art «digitale Volkskultur» über die Jahre zusammengetragen haben. Beim Betrachten der grellen Schriften auf knallbuntem Hintergrund, wo sich kleine Homer-Simpson- und Tinker-Bell-Icons tummeln oder animierte Flugzeuge über den Screen kurven, wird man auf amüsante Weise in die Zeit des aufkommenden Personalcomputers zurückversetzt. Das Wiener Künstlerduo «Station Rose» verweist mit seiner audiovisuellen Installation «Gunafa Clubbing» auf die gleichnamigen Technopartys, die sie Anfang der Neunziger, als Pioniere der «Digital Culture», in Frankfurt veranstalteten.

Aber auch zum Ort Langenthal hat die Raver-Szene einen ganz direkten Bezug, denn hier begannen 1994 die Mega-Partys auf dem nahen Gugelmann-Areal, die Mirosch Gerber ins Leben gerufen hatte. Besonderen Charme haben die schwarz-weissen Raver-Porträts des Schweizer Fotografen Rudolf Steiner, die in dieser Zeit auf dem Industriegelände entstanden sind. Das Akustische kommt in der Ausstellung natürlich auch nicht zu kurz: Mit ihrer «Glücksmaschine», dem «Resonant Hyper Symbol Modulator», haben die Amerikaner Brenna Murphy und Birch Cooper aus selbstkreierten Instrumenten, Lichtmaschinen und skulpturalen Objekten faszinierende Raum- und Klanggebilde geschaffen, die interaktiv auf die Museumsbesucher reagieren und die Stimmung des Phänomens «Rave» auf eingängige Weise spürbar machen. Neben den Ausstellungen finden in Langenthal und Fribourg verschiedene Veranstaltungen in Form von Gesprächen, Führungen und Workshops statt, die sich vertieft mit dem Thema befassen.

 

Neue Zürcher Zeitung   Feuilleton   11.10.2014   Nr. 236   Seite 51