Durchgänge

Sarah Oppenheimer. Kunsthaus Baselland. Bis 7. September 2014.

 

SO1

cwb. Betrachtet man Sarah Oppenheimers Projekt «33-D» von aussen, durch das Fenster des Seitengebäudes im Kunsthaus Baselland, wirkt es zunächst wie ein zweidimensionales abstraktes Bild in harmonischen Grau- und Blautönen. Begibt man sich ins Rauminnere und sieht das Werk in seiner räumlichen Tiefe, ist es schwer zu sagen, wo die Skulptur endet und die Architektur beginnt. Der sonst langgezogene Raum wurde von der amerikanischen Künstlerin mit zwei schräg gestellten Wänden unterteilt, die jeweils mit einer trapezförmigen Öffnung und einer massiven Glasscheibe versehen sind.

Die unterschiedliche Beleuchtung in den neugeschaffenen Räumen und das Wechselspiel zwischen Tages- und Neonlicht bewirken die Eigendynamik des Kunstwerks: Das leicht geneigte Glas reflektiert das einfallende Licht, die Vorgänge im Innenraum wie auch im Aussenraum kollidieren und vermischen sich – das Äussere dringt nach innen und das Innere nach draussen. Besucher, Objekte und Raumteile werden gespiegelt, überlagert und neu positioniert. Hinter der Wirkung dieses umgeformten Raumgefüges, das sich auch mit den wechselnden Lichtverhältnissen des Tages verändert, stehen genauste Berechnungen und absolute Präzision. Wie sich der Betrachter in einem transformierten Raum bewegt, das interessiert die Künstlerin und beim Projekt im Kunsthaus Baselland – ihrem ersten institutionellen Auftritt in Europa – kommt noch der Effekt der Reflexion hinzu: «Inhabitants see themselves seeing others in other spaces seeing themselves».

In Oppenheimers Werk dreht sich alles um Durchgänge und Durchsichten. Ganze Raumkonstellationen werden von ihr umgestaltet – Wände oder Fussböden durchbrochen und neue Anordnungen geschaffen. Gewohntes wird in eine neue Form gebracht, Vertrautes infrage gestellt. Zu diesem Zweck arbeitet sie seit Jahren an einer Art «Löcher-Lexikon», in dem sie ihre Experimente ständig weiterentwickelt. Beim Typus «Diffusion Hole», welcher in der derzeitigen Ausstellung zur Anwendung kommt, führt das Licht Regie und überrascht den Besucher mit unendlich vielen Spielarten.

 

Neue Zürcher Zeitung   Feuilleton   16.8.2014   Nr. 188   S. 51

Foto: Caroline Weis, 2014