Gedruckte Bildergeschichten

Rolf Winnewisser. Kunsthaus Grenchen. Bis 25. Januar 2015.

 

Winnewisser

 

cwb. «E5 WÄHLTE AL30 EINE 2ELI2IGE 5ICHTUNG UND MACHTE 3ICH AUF DEN WEG» ist nur eines der Wortspiele, die Rolf Winnewisser dem Betrachter zur Entschlüsselung bereithält. Das Symbolhafte und Vieldeutige, die Verknüpfung von Bild und Text, aber auch das Ausloten der Grenzen unserer Wahrnehmung zeichnen das vielseitige Schaffen des 1949 geborenen Solothurner Künstlers aus. In einer Gesamtschau präsentiert das Kunsthaus Grenchen nun Winnewissers druckgraphisches Œuvre, das in den Jahren 1966 bis 2014 entstanden ist. Die Bandbreite der Drucktechniken reicht von Linol- und Holzschnitt über Lithographie, Xerographie und Radierung bis hin zu Stempeldruck und Rauchbildern.

Als Bildträger verwendet Rolf Winnewisser nicht nur Papier und Stoff, sondern auch bereits bedruckte Untergründe wie Buchseiten, Zeitungsausschnitte, Schallplattenhüllen oder Landkarten. Durch Aussparungen in der Druckfläche wird das Trägermaterial selbst zu einem Bildteil: In der kleinformatigen Arbeit «Tapete», stilisierte der Künstler die Ecke eines Zimmers mit wenigen Linien und druckte sie invers auf ein Stück Blumentapete, die damit zur Farbe der Zeichnung wird. Manchmal entstehen – wie bei «Imaginary Map» oder dem Mappenwerk «Eins von Fünf» – Serien aus einzelnen Druckplatten, an denen Winnewisser immer weiterarbeitet. Auf diese Weise wird beim Herstellen des nachfolgenden Drucks die vorhergehende Platte zerstört, um jeweils ein neues Bild entstehen zu lassen.

Die Installation «Archipel», das jüngste druckgraphische Werk des Künstlers, besteht aus 184 Linolschnitten, die auf farbige Aquarelle gedruckt sind und als riesige Komposition von Textbildern, Bildergeschichten und visualisierten Metaphern angeordnet sind. Obwohl das Schwarz der Druckfarbe die bunten Untergrundtöne dominiert, strahlt das Gesamtbild eine ansprechend dezente Farbigkeit aus, und in den apart reduzierten Einzelbildern gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Der Objektkunst wiederum könnte man die subtil bedruckten und im Raum schwebenden Stoffbilder zuordnen, die teils in abstrakter, teils figürlicher Formensprache über «Galaktische Nebel» oder «London» erzählen.

 

Neue Zürcher Zeitung   Feuilleton   13.12.2014   Nr. 290   Seite 54

Foto: Caroline Weis, 2014