Not Vital – Bellaval. Kloster Schönthal, Langenbruck. Bis 8. November 2015.
cwb. Der Gegensatz zwischen der goldenen «Beijing Duck», die an einem feinen Silberdraht im Raum schwebt, und den bronzenen «Cow dungs», die sich dunkel vom weissen Kies des Innenhofs abheben, könnte nicht grösser sein. Was die beiden Kunstwerke verbindet, ist ihr Verweis auf einen fernen Ort: die chinesische Millionenstadt, in der exquisites Essen nur einem kleinen Teil der Bevölkerung vorbehalten ist, oder Nepal, wo getrockneter Kuhmist als gefährlicher Brennstoff zum heizen verwendet wird. Not Vitals Skulpturen im Kloster Schönthal beziehen sich inhaltlich und formal auf Orte in aller Welt, an denen sich der Künstler für eine bestimmte Zeit aufhält und in Zusammenarbeit mit den versiertesten Handwerkern seine Projekte realisiert.
Die Natur in ihren vielfältigen Erscheinungsformen und die Schönheit des Materials haben in Vitals Schaffen einen hohen Stellenwert – Mattes und Glänzendes, Glattes und Raues, Edles und Archaisches wechseln sich ab und bewirken mitunter verblüffende Effekte. Wie ein riesiges Ei präsentiert sich der imposante «Head» im Kirchenraum des Klosters, als unverkennbare Hommage an Constantin Brancusi.
Ganz anders hingegen wirkt das aus Silber gefertigte Selbstporträt Vitals, das durch die räumliche Umsetzung seiner Geburtsdaten entstanden ist: Aus dem Produkt von Tag, Monat und Jahr ergibt sich eine Stele mit aufliegender Platte, die entfernt an die eckige Variante einer japanischen Tee-Urne erinnert. In einer Reihe von zwölf Weichgrundätzungen wendete er dieses Prinzip in zweidimensionaler Form auf die Daten berühmter Schweizer Persönlichkeiten an, was zu sehr unterschiedlichen Resultaten führt, wenn man die Figuren von Blaise Cendrars und Alberto Giacometti vergleicht. Die Ausstellung veranschaulicht die Weltoffenheit des Künstlers und die Eigendynamik, die ein Kunstwerk aus dem Zusammenspiel von Form, Material und inhaltlichem Bezug entwickelt.
Neue Zürcher Zeitung Feuilleton 10.10.15 Nr. 235 Seite 44