Michel Pfister – Zeichnungen für den Ort

 

Michel Pister Bild

«Alles nur da rum und jetzt», 2014 Universitäre psychiatrische Kliniken UPK Basel

 

Wie ein enormer Ausguss wirkt das hölzerne Gerippe, das den Sprungturm des Marzili-Freibads umgibt und imposant über das leere Schwimmbecken ragt. Auch die grosse, aus gebogenen Holzleisten geformte Kugel, die als Solitär nahe der Boccia-Bahn im Park der Psychiatrischen Klinik Basel ruht, nimmt Bezug zu ihrer Umgebung auf. In seiner Arbeit lässt sich Michel Pfister immer wieder von Orten inspirieren: «Far zatgei ord il spazi», etwas aus dem Ort zu machen und dessen Präsenz durch die künstlerische Intervention zu steigern, ist dem gebürtigen Bündner wichtig.

Die meisten seiner umfangreichen Werke und Installationen sind aus dem Holz der Weymouth-Föhre geschaffen, das sich durch seine Dichte und Dehnbarkeit gut in Form und Inhalt transportieren lässt. Durch das Verbiegen und Vernieten der bis zu 7m langen Holzteile entstehen räumliche Gebilde mit einer skeletthaften Transparenz, welche die Schwere des Materials aufzuheben scheint. Für die Installation «Zuderpucker», die während der Regionale 2012 präsentiert wurde und als Ersatz für den im Unterland ausbleibenden Schnee gedacht war, schuf der Künstler drei Holz-Knäuel, die sich in spielerischer Leichtigkeit als fortlaufende Linie durch eine Baumgruppe vor dem Kunsthaus Baselland ziehen.

Wichtig beim Konstruieren ist auch die Auseinandersetzung mit der Statik. Das Projekt «Drunter und Drüber» im Zeughaus Teufen befasst sich ganz direkt mit vertikal verlaufenden Kräften. Die Holzleisten erhalten hier im übertragenen Sinn eine ähnliche Funktion wie die Rippen einer gotischen Kathedrale: Sie werden zu «Muskeln», welche die Schwere der Decke zur Seite hin ableiten, während die turbinenartig geformten Objekte der Installation «In die andere Richtung» die horizontale Bewegung im Raum aufnehmen.

Nur «Ein Teil vom Ganzen» deutet das untere Segment einer Kugel auf der Werkhoffassade der Stadtreinigung in Basel an. Das Gebäude wird so zum Sockel einer riesenhaften Kugelform, die als Ganzes aber nur in der Vorstellung des Betrachters existiert. Die Realisierung erfolgte hier nicht in Form einer Konstruktion, sondern als Aussparung, bei der die Rasterzeichnung aus der Eternitverkleidung herausgefräst wurde. Mit dem Imaginären experimentiert auch das Projekt für die Stalla Libra in Sedrun. Aus dem ehemaligen Stall kann alles werden: Ein Durchlauferhitzer für eine Wohnung oder auch eine Schnapsbrennerei mit einer überdimensionalen Destillieranlage, die als Holzkonstruktion den ganzen Raum einnimmt.

In Michel Pfisters künstlerischem Schaffen ist die Transformation omnipräsent – Linien werden zu räumlichen Gebilden verwoben, Orte werden umgestaltet und neu definiert. Die Zeichnung steht am Anfang eines kreativen Prozesses in dessen Verlauf sich der Gedanke im Material manifestiert.